Virtueller Campus

Mystudy, Moodle und Co. halten Einzug in die Universitäten.


Schwarze Bretter, stapelweise Kopien und Anmeldungslisten für Sprechstunden existieren zwar nach wie vor, geraten aber mehr und mehr in Vergessenheit. An der Leuphana Universität Lüneburg ist der Umgang mit dem virtuellen Stundenplan in der dafür konzipierten „mystudy“-Plattform bereits zur Routine geworden: Seminaranmeldungen, ein individualisierter Stundenplan, Raumänderungen und Skripte sind kompakt auf einem Interface zusammengefasst.

Über die Stundenplanung hinaus finden die User in der Servicerubrik die wichtigsten Links aufgelistet wie die Bibliothek, das zentrale Prüfungsamt sowie Links zu den Fakultäten, dem Medienzentrum und studentischen Initiativen. Interaktivität und Wissensaustausch im Sinne des Web 2.0 sind auch in „mystudy“ gefragt: Das Forum lädt zu einer Diskussion rund um Hochschulthemen wie Campusentwicklung oder dem Verbleib der Studiengebühren ein.
Die Leuphana Präsenzlehre wird zudem durch die Plattform moodle ergänzt. Ausgehend von der „mystudy“ Homepage erhalten die Studenten Zugriff auf diese Seiten. Die hier angebotenen Online-Kurse ergänzen die Präsenzlehre der Leuphana-Universität und bieten die Möglichkeit für Basismodule, die auf wissenschaftliches Arbeiten vorbereiten oder spezielle Projekte betreffen.
Der Userguide „mystudy“ bereitet nicht nur Studenten, sondern auch Lehrende effizient auf die virtuelle Zeitplanung vor.
Die Nutzung offener Softwarestandards wie PHP und MySQL bei der Entwicklung der „mystudy“- Plattform erlauben eine schnelle Anpassung des Systems an Neuerungen der Uni. Die Umgestaltung vom ehemaligen Design der Universität Lüneburg zum aktuellen Jaspisrot der Leuphana liefert den Beweis.
Doch wie gestalten andere Universitäten ihren (virtuellen) Campus?
Ein bislang noch ungewöhnliches Modell existiert in Rheinland-Pfalz: Der „Virtuelle Campus“ des Landes Rheinland-Pfalz“ (VCRP) vereint alle Unis des Landes auf einer Website. Die von der Landeshochschulkonferenz initiierte Plattform wird seit 2003 zentral durch einen Lenkungsausschuss geführt. Ziel ist es, gemeinsame e-Learning Aktivitäten und Projekte hochschulübergreifend durchzuführen. So stehen allgemeine Themen wie Internetrecht und News zum Thema Onlinelehre bereit. Neben der Verlinkung der einzelnen Universitäten werden darüber hinaus auch spezielle Module angeboten. So existiert das TBDL, ein Programm für die Onlineweiterbildung von Lehrenden. Die Einführung der Studierenden in das System erfolgte durch die WebCT-Ralley, einem gamebasierten Ansatz, der das multimediale Lernen campusübergreifend spielerisch vermitteln sollte. Insbesondere der Netzwerkgedanke fällt hier auf: Das Projekt „Netbi“ soll hochschulübergreifende Kooperationsformen entwickeln, die die Lehrerfortbildung und ein Studium unabhängig vom Studienort optimieren.Einen anderen Ansatz verfolgt die Otto-Friedrich-Universität Bamberg: Neben den typischen Informationen einer Uniwebsite befinden sich hier unter der Rubrik „virtueller Campus“ eine zielgerichtete Ansprache an Studierende mit Kind. Vom Elternforum, über nützliche Tipps zum Studieren mit Kind finden User Maßnahmen zur Optimierung der Studienabläufe und Teilzeitvarianten inklusive e-Learning Module. Das Konzept ist erfolgreich: Bereits 2006 wurde die Uni mit dem Grundzertifikat „Familienfreundliche Uni“ von der Herthie Stiftung ausgezeichnet.

Über die Familienthematik hinaus bietet der virtuelle Campus der Uni Bamberg eine Besonderheit: Das digitale Campus TV, welches Sendungen über uniinterne aktuelle Inhalte ausstrahlt.

Die Fachhochschule in Frankfurt nutzt ebenso wie die Leuphana das moodle-Konzept für eLearning Module. Seit 2005 ist die Plattform zur Förderung von orts,- und zeitunabhängigen Lernformen in die Präsenzlehre integriert. Trotz Ähnlichkeiten mit der moodle-Plattform der Leuphana scheint die Uni-Frankfurt eine Etappe voraus zu sein: Das zeigen einerseits die über 200 integrierten eLearning Kurse. Andererseits favorisieren die Lehrenden hier nicht nur die rein textuelle Abgabe von Aufgaben, sondern initiieren virtuelle Kolloquien in Form von Videokonferenzen.

Diese kurzen Beispiele könnten beliebig ausgeweitet werden und belegen das rege Interesse der Universitäten an einem virtuellen Datenaustausch sowie zeitunabhängiger Lernformen. Technische Möglichkeiten offerieren differenzierte inhaltliche Schwerpunktsetzungen. Fraglich bleibt, ob diese Plattformen tatsächlich den gewünschten Effekt erzielen oder nicht doch, zumindest bei einigen Papierverwöhnten, eher für Verwirrung und Zeitverzögerungen von Arbeitsabläufen sorgen.
Karolin Wappler