Sina Trinkwalder über ihr manomama und den #taschengate

(CC) Fabian Oestreicher
(CC) Fabian Oestreicher

In der leuphanschen Entrepreneurship-Reihe gab sich diesmal Sina Trinkwalder (@manomama) die Ehre. Gleich zum Anfang die Ansage: „Wir duzen uns jetzt, so wie in meiner Firma, da sind wir auch alle eine Familie. Schwester Sina berichtet also zunächst über ihr Leben.“

Sie war in der Grundschule grundsolide, machte dann mit Mühe das Abitur und brach konsequent zwei Mal das Studium ab. Und sie hat es allen, sogar Herrn Professor-Lass-die-Finger-von-der-BWL Opitz von der LMU München, gezeigt: Es ist trotzdem etwas aus ihr geworden. Diese Ätschi-Bätsch-Haltung prägte ihren Vortrag.

Man brauche für eine Unternehmensgründung nur die vier Grundrechenarten (Hinweis: +-/*) zu beherrschen. Wenn man sich genügend anstrengt, kann man auch mit 100% Eigenkapital ein Business aufziehen. Bei ihr hat u.a. ein Nebenverdienst bei der Augsburger Allgemeine die 12.500 € eingebracht, welche sie nach dem Abitur in eine Werbeagentur steckte. Die andere Hälfte übernahm ihr jetziger Mann.

Nachdem sie nach Eigenaussagen genügend Kunden mit Werbung verarscht habe, kommt ihr dank Unterstützung eines Obdachlosen die Sinnfrage: Will ich das weiter machen?

Der Rest ist Geschichte. manomama. MitarbeiterInnen mit Erwerbslosenhistorie oder anderem benachteiligtem Background. Made in Germany. Social Entrepreneur der Nachhaltigkeit des Jahres 2011.

Zwischen Abschreckung und Wohlwollen

Das war es dann aber auch zu dem Thema. Denn der Interaktivität mit dem Publikum verschuldet, driftet der Abend in ein Wehklagen prekärer Praktikaverhältnisse. Sina ist erschüttert. Einerseits dank der wohl unter Studierenden in stiller Übereinkunft zu ertragende Zustand, sich nicht richtig für ihre Arbeit bezahlen zu lassen. Andererseits die Frage: Haben die keine anderen Probleme? Würden die sich nur mal mit den Geschichten ihrer MitarbeiterInnen auseinandersetzen.

Die scheinbare Lösung wird dann mantraartig wiederholt: Gründet doch selbst! Das ist aus der Perspektive von Sina sicherlich logisch. Sie ist eine Unternehmenspersönlichkeit, in den ersten Reihen kann durchaus Angst aufkommen, wenn sie sich vor ihnen aufbaut. Und wer den Edeka-CSR-Chef einmal mit Arschloch beschrieben hatte und trotzdem eine Kooperation herausschlagen konnte, vor der haben auch andere Geschäftsmenschen Hochachtung.  Aber wenn man nicht nur einfach nicht den Mut hat, sondern eben nicht der Ich-bin-mein-eigener-Chef-Typ ist?

Manchmal macht Sina es sich zu leicht. Man will ihr gerne glaube, aber im Hinterkopf bleibt die Erinnerung, dass auch sie sich einmal dem Werbemetier verschrieb. Und dieser Berufsstand weiß, wie man das Publikum für sich einnimmt, indem die Nachteile unter den Tisch gekehrt werden.

(C) manomama GmbH
(C) manomama GmbH

Dennoch hat man Respekt vor ihr, weil sie das Herz auf der Zunge trägt. Sie erscheint authentisch, ehrlich, spricht eine klare Sprache. Es ist viel von Eiern die Rede. Und sie hat auch interessante Aspekte des Gründens parat, die leider viel zu kurz kamen. So war beispielsweise nicht das Produkt in ihrer Unternehmensidee im Fokus. Es waren die Menschen, die als MitarbeiterInnen eine neue Zuversicht bekommen sollten. Oder bezüglich unterschiedlicher Unternehmerstypen, die einen suchen den Exit, für die anderen ist ihr Unternehmen wie ein Baby. Das würden sie auch nicht so einfach verscherbeln.

Und schließlich: Der #taschengate

Aber dann kam man durch Publikumsnachfragen eben doch auf dm. Wer den #taschengate nicht kennt, hier entlang. Sie erzählte, dass die ersten Emotionen mit Weißwein heruntergegossen wurden. Seltsamerweise schwang da nicht nur Unmut über dm mit, sondern auch die Gefahr eines eigenen Shitstorms. In manchen Zeitungsartikeln hätte man als Leser auch der Interpretation verfallen können, manomama produziere jetzt in Indien.

Man erkennt, dass hier Vertrauen gebrochen wurde, man konnte es ihr ansehen und anhören, auch wenn sie nicht weiter darüber sprechen konnte. Persönlich würde sie ein paar Eier aufhängen, aber nicht die Verantwortung für ihre Mitarbeiter! Stattdessen entwickele sie sich zurzeit zur Kettenraucherin. Um herunterzukommen. Sie beschreibt ihren Zustand drastisch. Worte, die an dieser Stelle nicht wiederholt werden sollen. Sie soll auch noch weiterhin in Vorträgen ehrlich kommunizieren können. Und es soll Anreize geben, sich eben jene anzuhören.

Gegen Ende werden vielen Zuschauer die appellierenden Worte in Erinnerung bleiben. Nehmt keine unterbezahlten Praktika an. Seid euer eigener Chef. Zusammen können wir da etwas bewegen.

Es bleibt nur die Frage, wie viel davon bei den Zuhörern hängenblieb. Bei Sinas Aufforderung gegen Ende, nicht nur darüber zu reden, sondern nach Hause zu gehen und einfach etwas zu machen, höre ich eine Reihe vor mir: „Ich gehe jetzt erst einmal nach Hause und mache mir eine Pizza.“

Autor: Fabian Oestreicher (Blog)

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag. Hast du auch tolle Ideen für einen Artikel oder ist dir etwas passiert oder aufgefallen, wovon möglichst viele Studierende wissen sollten? Dann sende uns gern deinen Entwurf an univativ@leuphana.de

Manomama mia!