Musterstimmzettel für das Semesterticket. / Screenshot (c) Eva Fischer

Semesterticket: Alle Jahre wieder…

Vom 2. bis zum 4. Dezember wird in Lüneburg gewählt – unter anderem das Semesterticket, dessen Wahl jedes Jahr für Furore sorgt. Dabei handelt es sich in erster Linie um Grabenkämpfe zwischen Hamburgern und Niedersachsen.

Musterstimmzettel für das Semesterticket. / (c) Screenshot: Eva Fischer

Alle Jahre wieder geht es von Neuem los: Die Wahl des Semestertickets steht vor der Tür und abermals findet man sich in den folgenden Situationen wieder:
Studenten, die in der Mensaschlange stehen, und sich über das teure HVV-Ticket aufregen. Studenten, die im Metronom nach Hamburg sitzen, und sich über das für sie unnötige Niedersachsenticket beschweren. Studenten, die sich in bestimmten Facebook-Gruppen gegenseitig beschimpfen.
Jedes Jahr dasselbe leidige Thema.
Und jedes Jahr ein paar Stimmen, die fehlen.

2012 gewann das Niedersachsenticket die Wahl mit einer Mehrheit von 50,1998 Prozent. In absoluten Zahlen war es Vorsprung mit nur 75 Stimmen.
75 Stimmen, die darüber entschieden haben, welches Ticket mehrere tausend Studenten der Leuphana Universität bezahlen müssen, egal ob es sich für sie lohnt oder nicht. 75 Stimmen, die dafür sorgten, dass etliche Pendler jeden Monat um die 40 Euro oder mehr für ein zusätzliches Ticket ausgeben mussten.

Hamburgticket, Niedersachsenticket oder kein Ticket?

Dieses Jahr wird vom 2. bis zum 4. Dezember erneut über die Variante des Semestertickets abgestimmt. Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren, in denen zwischen vier oder fünf Varianten gewählt werden konnte, werden diesmal nur zwei verschiedene Tickets auf dem Wahlzettel stehen: Ein Ticket, das den HVV-Gesamtbereich abdeckt, und ein Ticket, mit dem man quer durch Niedersachsen fahren kann. Wenn einem keine dieser beiden Varianten glücklich macht, hat man die Möglichkeit, „kein Ticket“ zu wählen. „In den letzten Jahren waren am Ende der Auszählung immer die zwei gleichen Varianten übrig, zwischen denen entschieden wurde. Die Semesterticketwahl ist im Kern eine Wahl zwischen Hamburg und Niedersachsen. Deswegen werden wir zu dieser Wahl nur diese beiden Varianten anbieten“, sagt AStA-Sprecherin Alissa Steierl.

Das Niedersachsenticket ist das Semesterticket, was jeder Lüneburger Student momentan besitzt. Man kann damit die Busse in Lüneburg benutzen und wahlweise mit dem Metronom nach Hamburg oder nach Göttingen fahren. Wenn man Spaß daran hat, kann man aber auch einen Tagestrip nach Osnabrück veranstalten oder die S-Bahn in Hannover testen.

Auch mit dem Hamburgticket kann man die Busse in Lüneburg benutzen und mit dem Metronom nach Hamburg fahren. Man muss seine Fahrt am Hauptbahnhof nicht beenden, sondern kann mit allen Hamburger Bussen, U- und S-Bahnen kostenfrei weiterfahren. Nach Hannover, Göttingen und Osnabrück kommt man allerdings nicht mehr.
Warum kein Ticket angeboten wird, das sowohl für Hamburg als auch für Niedersachsen gilt? „Die Überlegung war da. Aber ein solches Ticket würde ca. 270 Euro kosten. Soviel Geld für ein Ticket bezahlen zu müssen – das wollten wir niemandem aufdrängen. Außerdem würde vermutlich die Zahl der Härtefallanträge steigen, deren Kosten von den übrigen Studierenden solidarisch getragen werden müssen.“

Zweite Präferenz der kein-Ticket-Wähler vermutlich entscheidend
Die Semesterticketwahl ist eine so genannte Präferenzwahl: Der Wähler darf jede der drei Varianten mit einer Präferenz versehen. Wer also das Niedersachsenticket befürwortet , das Hamburgticket verteufelt und im Zweifel lieber gar kein Ticket hätte, gibt dem Niedersachsenticket die erste Präferenz, wählt „kein Ticket“ als zweite und das Hamburgticket als dritte Präferenz.
„Wenn keine der drei Wahloptionen 50 Prozent erhält, fällt bei der Auszählung als erstes die Variante weg, die die wenigsten Stimmen bekommt. Es wird dann die zweite Präferenz jener Wähler ausgezählt“, erläutert Alissa das Wahlsystem.
Da in den letzten Jahren die Option „kein Ticket“ immer die wenigsten Stimmen erhielt, wird diese vermutlich als erstes wegfallen. Deswegen wird die zweite Präferenz der kein-Ticket-Wähler wahrscheinlich entscheiden, welches Ticket es letztlich wird.

Finanzielle Erleichterung für den einen oder für den anderen
Alexander studiert im 5. Semester Wirtschaftspsychologie und ist ein Befürworter des Niedersachsentickets: „Ich wohne in Uelzen, und das Niedersachsenticket garantiert mir die Flexibilität, jederzeit nahezu problemlos zwischen der Uni und meinem Heimatort zu pendeln.
Außerdem bietet es mir eine finanzielle Erleichterung, da ein reguläres Ticket für diese Strecke weitaus teurer wäre. Auch wenn es um ein Praktikum geht, sehe ich nur Vorteile: Es gibt ein viel größeres Repertoire an Stellen, da man mit dem Ticket auch weit entfernte Orte wie beispielsweise Bremen oder Oldenburg ohne weitere Kosten erreichen kann. Zudem ist eine zusätzliche HVV-Karte im Jahres-Abo viel günstiger als eine zusätzliche Abo-Karte der Bahn für Niedersachsen. Wir Niedersachsen würden finanziell höher belastet, als die Hamburger.“
Katrin, die Kulturwissenschaften im fünften Semester studiert, sieht dies völlig anders: „Viele Studenten brauchen einen Nebenjob, um ihr Studium finanzieren zu können. Lüneburg hat nicht die Auswahl und die Menge an Jobs. Studenten müssen also auf Hamburg ausweichen. Ich beispielsweise wohne in Lüneburg, aber arbeite in Hamburg. Da ich nicht direkt am Hauptbahnhof arbeite, muss ich Tickets kaufen, um zur Arbeit zu kommen. Dementsprechend arbeite ich einen Tag im Monat quasi nur dafür, dass ich zur Arbeit komme. Außerdem ist Hamburg nun einmal die nächstgrößere Stadt und viel attraktiver als die Städte, die man mit dem Niedersachsenticket erreichen kann.“

Zu wenig Abnehmer für ein Zusatzticket
Immer wieder stand zur Debatte, ob ein Zusatzticket für den gesamten HVV-Bereich angeboten werden soll. „Das Problem ist, dass wir immer nur rentable Angebote bekommen, wenn wir eine hohe Abnehmerzahl garantieren. Diese Forderung können wir nicht erfüllen. Leider sind wir abhängig von den Verkehrsbetrieben – und diese nicht abhängig von uns“, lautet die Begründung.
Obwohl immer wieder über das ungerechte Semesterticket diskutiert wird, trotz der Facebook-Gruppen mit dem Namen „HVV im Semesterticket!“, oder sich jedes Jahr irgendein Erstsemester in den Einführungsveranstaltungen meldet und fragt, weshalb es kein Hamburgticket gibt – eins steht fest:
Ein Semesterticket für Hamburg hat es in Lüneburg noch nie gegeben.

Autorin: Eva Fischer