Seid nett zu uns!

Wir werden die Lehrer Eurer Kinder sein. Der Saal brodelt, die Stimmung ist angespannt. Circa 600 Studierende sowie zahlreiche Lehrende und Pressevertreter haben sich am Dienstag, dem 06. Juli 2010, zur Notfall- Vollversammlung in Hörsaal 1 versammelt. Am Pult steht Christian Brei, persönlicher Referent des Präsidenten, und versucht, gegen die empörten Zwischenrufe der Studierenden anzureden: Werden die Berufungsverfahren für die Lehramtsprofessuren absichtlich hinausgezögert? Warum ist die Lehrerbildung in Lüneburg immer noch nicht akkreditiert, obwohl die Verfahren seit drei Jahren laufen? Will man das Lehramt klammheimlich loswerden? So zumindest lauten die Gerüchte, die in den letzten Tagen herumgehen.

Die Präsentation der Fachgruppe Lehramt an diesem Tag zeichnet ein düsteres Bild: Ohne Akkreditierung wird ein Abschluss im Ausland oder in anderen Bundesländern selten anerkannt, die Suche nach einem Referendariatsplatz ist schwierig. Vor allem die fehlenden Professoren verzögern die Akkreditierung. 18 Professuren sind zwar ausgeschrieben, doch zieht sich das Berufungsverfahren ungewöhnlich lange hin. Dazu kommt die prekäre Lage in einigen Fächern. So ist das Fach Deutsch aufgrund des Mangels an Lehrangebot im Wintersemester gefährdet.

„Die Situation hat allein der Präsident zu verantworten“, klagt Professorin Christine Garbe. Als Mitglied des Senats hatte sie den Fortgang der Bewerbungsverfahren immer wieder angemahnt – vergebens. Zudem hätten die ausgeschriebenen Stellen, so Garbe, „so ziemlich das unattraktivste Profil, was eine Professur haben kann“. Die meisten sind W1- oder W2-Professuren, die eine hohe Lehrbelastung von 12 SWS aufweisen, dafür aber eine schlechte Bezahlung. Zudem sind die Professuren nur für fünf Jahre ausgeschrieben, mit Option auf Verlängerung.

Am Ende der Vollversammlung stehen die Forderungen der Studierenden fest: Die 18 Professuren sollen schnellstmöglich, spätestens bis zum WS 2010/11 besetzt werden, dabei möglichst unbefristet und in der Gehaltsgruppe W3. Präsident Sascha Spoun soll außerdem innerhalb der nächsten sieben Tage zum Fortgang der Lehrerbildung Stellung nehmen. Das tut er auch prompt in einem öffentlichen Brief: Es gebe keinen Grund, „an der Entwicklung der Lehrerbildung zu zweifeln“, stattdessen sei der„Ausbau der Lehrerbildung“ schon längst beschlossene Sache, heißt es dort.

Dann geht alles ganz schnell: Am 16. Juli gibt Spoun hochschulöffentlich bekannt, dass die Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover (ZEVA) die Akkreditierung der Lüneburger Lehramtsstudiengänge beschlossen hat. Er nennt es einen „wichtigen Schritt für die Lehrerbildung“ und eine „Bestätigung der Entwicklungsstrategie für die Wissenschaftsinitiative“. Zudem werden elf von 18 Professuren bereits in Gremien beraten, bei sieben weiteren laufen die Berufungsverfahren. Mehr Professoren also „als in jedem der drei anderen Entwicklungsschwerpunkte“. Die „zuvor geäußerte[n] Spekulationen über die Zukunft der Lehrerbildung haben sich damit als unbegründet erwiesen“, so Spoun.

Haben sich unsere Hoffnungen in Sachen Zukunft der Lehrerbildung also erfüllt? Zumindest das Mindestmaß für die Akkreditierung scheint erfüllt zu sein. Doch in Sicherheit können wir uns noch nicht wiegen: Von genügend Professoren kann jetzt noch nicht die Rede sein und unbeliebte Fächer könnten immer noch zusammengekürzt werden. Ohne den Druck der Studierenden, der Presse und vor allem auch der Landespolitik hätten Spoun und die ZEVA vielleicht nicht so schnell reagiert. Aber ein Schritt wurde getan und wir können uns sicher sein: So schnell gehen uns die Lehrer nicht verloren.

Von Marie Hoop