Menschenrecht auf Dummheit

Defintiv ein Vertreter des dummen Teils der Menschheit / (C) flickr - eric molina
Defintiv ein Vertreter des dummen Teils der Menschheit / (C) flickr – eric molina

Machen wir uns nichts vor: Der Mensch ist weder weise, noch klug. Das Sapiens in unserem Gattungsnamen dient lediglich der Beschönigung; ist nur der Name einer Wunschvorstellung, der wiederholt kläglich gescheiterte Versuch der Evolution, diesmal alles richtig zu machen.
Doch der Mensch ist und bleibt ein Wesen voller Dummheit, Unverständnis und Ignoranz.

Unter den zahlreichen langjährigen und altgedienten Begleitern der Menschheit mag manch ein törichter Narr den aus dem Wolf herausgezüchteten Hund als verlässlichsten vermuten, vielleicht noch das Rind oder eben wenigstens die alljährliche Wintergrippe. Doch in Wahrheit ist es einzig und allein unsere Fähigkeit, unvorstellbar blöd zu sein. Das wäre nicht weiter bedauerlich, sorgt doch die Evolution treffsicher dafür, Individuen, welche sich allzu ungeschickt anstellen, mittels Ausradierung aus dem Genpool für immer aus dem Spiel zu nehmen. Auf dass sich nur die am besten Angepassten, will sagen, am wenigsten Verblödeten, das Recht auf Vermehrung verdienen. Leider verpasst der Mensch aufgrund seines weitrechenden, historischen Anpassungsprozesses, währenddessen nicht er sich der Natur, sondern die Natur dem Menschen angepasst wurde, die Chance, besonders blöde Menschen auszusortieren, siehe Bernd Höcke. Wir haben unseren Job eben verdammt gut gemacht. Nimm das, Natur!

Bei aufmerksamer Betrachtung unserer bewegten Geschichte zeigt sich dem Beobachter, dass sich über die Jahrhunderte ein immanenter, aufgrund des Aushebelns evolutionärer Anpassungsprozesse nicht auszurottender Bodensatz an Dummheit gebildet hat. Wie der Hai seinen Anhalterfisch schleppt die Menschheit diesen mit.

Löcher in den Schädeln der Prototypen der humanen Spezies belegen, erst sorgfältig der Erde entrissen, wie sich schon unsere Vorfahren hasserfüllt die Köpfe einschlugen. Einige Jahrtausende später glaubten die Azteken nur frisch geschlachtete Menschenherzen würden die Sonne wieder aufgehen lassen. Jesus wurde schließlich ans Kreuz genagelt, Hexen verbrannt, Ungläubige verfolgt, Kreuzzüge begonnen und wieder beendet. Doch auch abseits religiöser Verfehlungen finden sich Beispiele unverkennbarer Blödheit. Wer glaubte noch gleich die Erde sei eine Scheibe? An Sklaverei und Klassenkampf? Wie war das noch mit der braunen Seuche? Vom Kaiser bis zum gemeinen Pöbel, ein jeder neidet, klaut, hasst, verachtet so gut er kann. Ob Faustkeil oder Atombombe ist hierbei nur ein methodischer Unterschied.

Immanente Dummheit: immanent menschlich

Leider wird dieser uns so altbekannte Wesenszug noch immer als Makel abgetan. Dabei wird nur zu gerne verkannt, dass es nur natürlich ist, seinen nächsten eben nicht zu lieben. Aus historischer Sicht ergibt sich ein unverkennbares Recht dumm zu sein, eben weil es Dummheit schon immer gab.

Ich möchte an dieser Stelle eine gewagte Hypothese aufstellen. Ich behaupte: Schon immer hat es etwa 75% unverbesserlich dumme Menschen gegeben. Sei es nun ein Kreuzzug, Napoleon oder ein markanter Schnauzbartträger: die Bereitwilligkeit unvorstellbare dumme und grausame Dinge zu tun und auch noch für richtig zu heißen, liegt den Menschen einfach im Blut. Es bedarf nur ein wenig Propaganda, ein bisschen Weiß und viel Schwarz, um die Maske der Zivilisation niederzureißen und den Menschen als das zu entblößen, was er schon immer war: ein dummer Nacktaffe. Unser vergleichsweise großes Gehirn potenzierte nur die Spielarten unvorstellbarer Dummheit.

Sie glauben mir nicht? Welche ist denn die meistverkaufte Zeitung Deutschlands? Nicht etwa ein intellektuelles Magazin oder zumindest eines mit echten Nachrichten, nein, es ist ein buntes, mit Bildern gespicktes, mit Hass und Titten um sich werfendes Schundblatt. Nirgendwo zeigt sich deutlicher, dass die Dummen immer noch da sind.

#empörter Aufschrei

Um dem empörten Aufschrei der Besserwisser Rechnung zu tragen: Natürlich hat es immer schon ein paar Wenige intelligente unter den vielen einfachen Schäfchen gegeben. Irgendjemand verkündete schließlich die Rundheit der Erde, entdeckte die Schwerkraft, erfand das Internet und das Penizillin. Gleich ihren schwarzbewollten Leidensgenossen stechen sie aus der Herde der Gewöhnlichen heraus.

Im modernen Deutschland zeigt sich aufs Neue welches Potential unsere Dummen noch heute haben. Das Drama um Schutzsuchende aus aller Welt, sogenannte Flüchtlinge, offenbart den bislang schweigenden Prozentsatz der Blödheit; zeigt, dass sich nichts verändert hat. Die Blöden sind zurück, dürfen endlich ihr lange unterdrücktes Schweigen mittels eines geeigneten Themas brechen und dank Internet laut und schrill ihren Hass, ihre Abneigung, ihre vermeintliche Meinungsfreiheit in die Welt schreien.

Kopfschütteln und Nicken

Die Dummheit wird sich eben nie ganz ausrotten lassen, gehört zur Menschheit, wie es auch Nächstenliebe, Kunst und Kultur tun. So wird es immer die Aufgabe der etwas Klügeren sein, den Fehl der Blöden in Schach zu halten, damit die Menschheit vielleicht erst in tausend Jahren und nicht schon übermorgen untergeht. Wir sollten aufhören, jedes Mal empört aufzuschreien, wenn wieder etwas unvorstellbar Blödes auf Facebook zu lesen ist. Es ist die Aufregung nicht wert. Sie sind eben noch da, werden immer da sein. Ein wissendes und leicht mitleidiges Nicken ist angebracht, vielleicht ein kurzes Kopfschütteln, bevor wir uns mit resignierendem Blick daran machen Paroli zu bieten.
Wir dürfen sie nicht verurteilen, sie können nichts dafür. Sie wurden schon blöd geboren und bleiben es.  Wir schreiben ihnen dann die Fakten ins Gesicht oder eben in die Kommentarspalte, drücken löschen und informieren Arbeitgeber, verpassen gesalzenes Wissen, appellieren an Menschlichkeit, Toleranz, Mitgefühl. Das ist unsere Pflicht. Von ihrem Menschheitsrecht auf Dummheit werden sie trotzdem weiter Gebrauch machen.

Autor: Andreas Hußendörfer