Mehr oder weniger AStA-Sprecher*innen?

„Strukturelle Probleme“ führen zum Rücktritt einer Sprecherin.

Der Rücktritt einer AStA-Sprecherin am 29.03. wurde per E-Mail mit einer längeren Begründung den Parlamentarier*innen des Studierendenparlaments (StuPa) mitgeteilt. Die Rede ist von strukturellen Problemen in AStA und Studierendenschaft. Univativ wurde die Rücktrittserklärung zugespielt.

Gerade erst im November 2015 wurde die Sprecherin vom StuPa gewählt; vorausgegangen war die Entscheidung, das AStA-Sprecher*innenkollektiv, welches seit Jahren aus drei Personen besteht, um eine weitere Person zu erweitern. Hintergrund für diese Entscheidung war die ausschließlich männliche Besetzung des AStA-Sprecher*innenkollektivs sowie eine aufgrund verschiedener Projekte hohe Arbeitsbelastung. Bereits die Wahl war im StuPa lang und breit  diskutiert worden. Durch die vierte Person stieg jedoch auch der finanzielle Bedarf des AStA, der aus dem studentischen Haushalt gedeckt wird. Eine Aufstellung der Semesterbeiträge findet sich hier.

Bereits im Frühjahr 2014 wurde die Aufwandsentschädigung von damals 450 Euro für das Ehrenamt als AStA-Sprecher*in durch das StuPa auf den BAföG-Höchstsatz von 783 Euro im Monat angehoben. Auf den selben Betrag wurde die Aufwandsentschädigung für den Finanzreferenten erhöht. Für den Herbst 2016 ist eine generelle BAföG Erhöhung mit im Schnitt 7 % höheren Sätzen vorgesehen. Bereits in der aktuellen Ausschreibung für den neuen Finanzreferenten ist von 800 Euro Ehrenamtspauschale im Monat zu lesen. Bei vier AStA-Sprecher*innen und 800 Euro Ehrenamtspauschale pro Monat macht dies knapp 40.000 Euro im Jahr aus. Andere Studierendenschaften in Deutschland haben die Entschädigungen anders geregelt, mit dem derzeitigen Modell gehören die AStA-Sprecher*innen der Leuphana zu den Top-Verdienern unter Studierendenschaften.

Rücktritt wegen Schwächen in Studierendenvertretung

Die Arbeit als AStA-Sprecher*in ist in großen Teilen selbstorganisiert, so gibt es keine Stundenzettel oder ähnliches. Das StuPa hat die Aufgabe, den AStA im Rahmen der studentischen Selbstverwaltung zu wählen und zu kontrollieren. In der Ausschreibung zur AStA-Sprecher*in werden ca. 20 Arbeitsstunden pro Woche erwartet.

In der Rücktrittsmail heißt es: „Hier wird im Gegensatz dazu unglaublicher Druck ausgeübt auf Leute, die sich gerne engagieren wollen. Selbstausbeutung wird nicht nur gefeiert, sondern dadurch wird es von Anderen auch verlangt. Wer Sprecher*in werden will, muss sich schon mindestens ein Jahr in einer (wie alle Strukturen) strukturell diskriminierenden Institution behauptet haben. Außerdem wird, zumindest auf Umwegen gefordert, dass Engagierte keine eigenen Ansprüche an Freizeit oder Selbstschutz haben sollten und auf jeden Fall doppelt so viel arbeiten müssen wie offiziell ausgeschrieben ist. Wenn sich jemand dagegen stellt, wird unterschwellig Rechtfertigung dafür gefordert, wie ein Ehrenamt ausgekleidet wird.“

Und weiter: „Warum muss die verfasste Student*innenschaft eine elitäre, privilegierte Gruppe sein, die Prinzipien, die z.B. bei der Unileitung bemängelt würden, nicht auf sich selber anwendet? Durch die völlig überzogenen Anforderungen, die zum Beispiel an Sprecher*innen gestellt werden, werden bisher nicht sehr stark Involvierte einfach abgeschreckt. Wenn sich solche Leute schon gar nicht trauen, sich zu bewerben, sind die eigenen Forderungen an dieser Stelle eindeutig verfehlt.“

Am Mittwoch haben AStA und StuPa im Rahmen einer aktuellen Stunde über den Rücktritt diskutiert und darüber entschieden, aus wie viele Personen das AStA-Sprecher*innenkollektiv zukünftig bestehen soll. Derzeit verbleiben drei Sprecher*innen im Amt. Mit Wahl des neuen StuPa Ende Mai soll dann im Juni/Juli nach der Konstituierung des StuPa der neue AStA gewählt werden, dann sind wieder vier Sprecher*innen eingeplant.

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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