Kinderleicht? – Eine Kolumne über das Studieren mit Kind – Teil 2

Angelika ist alleinerziehende Mutter und studiert Vollzeit an der Leuphana. Wöchentlich berichtet sie über ihren Weg zum Studium sowie Erfahrungen und Erlebnisse rund ums Studieren mit Kind.

Studieren mit Kind/ (CC) Foto: missBdeBerlin
Studieren mit Kind/ (CC) Foto: missBdeBerlin

Offiziell Studentin

Nun war ich also eine Studentin, da stand es schwarz auf weiß im Zulassungsschreiben. Was für ein seltsamer Zustand. Es fühlte sich nicht echt an, und es war etwas, woran ich mich wahrhaft gewöhnen musste. Auch, nachdem ich es Freunden, Bekannten und der Familie erzählt hatte, konnte ich nicht begreifen, dass ich in zwei Monaten auf eine „echte“ Universität gehen würde. Ich könnte bald all das tun, was ich mir in dem Jahr der Selbstfindung ausgemalt hatte, als ich ohne Arbeit und ohne Ziel umhergetrieben war.

Ein Studium: das verband ich immer mit bergeweise Büchern, Kritzelblöcken, schönen Füllern mit deren Tinte ich auf Papier schrieb und beobachtete, wie diese in Sekundenschnelle einzieht und meine Worte mit aufsaugt, Notizzetteln, Post-Its, langen Nächten in der Bibliothek, herumphilosophieren mit den Kommilitonen, Mensabesuchen und noch vielem mehr.

Das, was meine Freunde und Familie mit einem Studium verbanden, war jedoch ganz anders: “Als was arbeitest du denn später mit diesem Studium Individuale?“; „Wieviel Geld kann man denn da verdienen?“; „Schaffst du das wirklich mit deinem Kind?“; „Du bist doch alleinerziehend, hast du dir nicht etwas zuuu viel vorgenommen?“

Besorgte Augen schauten mich an. Manche hatten auch ein unterdrücktes Mitleid mir gegenüber, wenn sie in Wirklichkeit dachten, ich wäre komplett geisteskrank.

Ich komme aus einer bildungsfernen Familie – Themen, die ich nun im Studium bearbeiten würde, haben zu Hause nie eine Rolle gespielt. Klar, dass mich diese Fragen also verunsicherten.

Ich kaufte mir die Welt am Sonntag

Ich verreiste mit meiner Freundin und den Kindern ans Meer. Meine Hauptlektüre war der Leuphana Kompass, der Studienanwärter aufs Studium vorbereiten soll. Mir hat er tatsächlich was gebracht. Ich begriff, was der Unterschied zwischen einer Vorlesung und Ringvorlesung ist. Und lernte, dass man sich in einem Seminar melden sollte, in einer Vorlesung aber lieber nur zuhören. Auch den Tipp, regelmäßig Zeitung zu lesen, nahm ich wörtlich und ging sofort Am ersten Urlaubsmorgen zum Bäcker, um mir „Die Welt am Sonntag“ zu kaufen. Das Ding war riesig, es war schwer und es war so dick, dass ich wahrscheinlich fünf Sonntage gebraucht hätte, um damit fertig zu werden. Ich googelte mit meiner Freundin was das Zeug hält hielt, um mich über aktuelle Debatten, Diskussionen und unsere Weltprobleme zu informieren. Ja, ich habe es sehr ernst genommen. Ich war umhergetrieben von der positiven Aufregung – aber auch der Angst, anders zu sein und nicht hineinzupassen.

Ausgerechnet meine Tochter ermutigte mich zum Studium

Meine Tochter nahm mir einige Wochen vor Studienbeginn vorerst all meine Ängste: sie überreichte mir ihre allererste Lobkarte, die sie von ihrer Klassenlehrerin bekommen hatte. Darauf stand geschrieben: Wenn du dir etwas ganz fest vornimmst, wirst du dein Ziel auch erreichen.

Nicht nur der Spruch rührte mich. Sondern vor allem, dass ein kleines Wesen, welches so eng mit mir verbunden ist, in jeder einzelnen Sekunde mitfühlt – unabhängig davon, ob wir gerade zusammen sind oder nicht. Sie schaffte es ganz ohne Worte, meine Ängste zu besänftigen und mir zu signalisieren: Du bist nicht allein und ich bin dein Freund, weil ich mit dir mitfühle.
Die Befürchtung, sie würde mich vielleicht am Studieren hindern, verflog. Die Sorgen, dass ich während des Studiums nicht fähig bin, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, waren wie weggeblasen. Mein Kind verunsicherte mich NICHT – im Gegensatz zu all den Menschen, die es nur gut meinten und sich Sorgen machten.

In diesem Moment war es ausgerechnet meine Tochter, die mich ermutigte, tröstete und zum Studium motivierte.

Autorin: Angelika Kowal