Hochschulwahlen - Fehlende Unterschrift - Christopher Bohlens

Akademische Wahl: Unterschrift bei Kandidatur gefälscht?

Auf einer seiner letzten Sitzungen behandelte der akademische Wahlausschuss für die anstehenden Wahlen einen aktuellen Fall von einer möglichen Urkundenfälschung bei einer Kandidatur. Liefen die Einreichungen der Kandidaturen nicht korrekt ab? Die Staatsanwaltschaft prüft den Fall.

Das vorläufige Protokoll über die Sitzung am 20. November 2019 des akademischen Wahlausschusses zeigt auf, dass die Einreichung einer Kandidatur nicht ganz ordnungsgemäß ablief. Ein*e Kandidat*in der Liste 1 „Demokratisches Bündnis“ (DeBü) soll demnach das Formular zur Kandidatur nicht selbst ausgefüllt und unterschrieben haben.

Aufmerksam auf diesen Umstand wurde eine Person der Liste 2 „Die vom Fach“. Der/die Kandidat*in der Liste 1 bestätigte mündlich und schriftlich den Sachverhalt gegenüber der Wahlleiter*in. So gab die kandidierende Person laut dem Protokoll an, dass sie zwar gewusst habe, dass eine Unterschrift notwendig sei – sinngemäß gab sie zu Protokoll: Sie hätte jedoch nicht gedacht, dass jemand anderes diese für sie tätigen würde, sondern dass sie die Unterschrift später leisten müsste. Dass das dann nicht der Fall war, hätte sie nicht gewundert, weil sie schon gar nicht mehr an die Unterschrift gedacht hätte.

Sowohl der oder die Hinweisgeber*in von der Liste 2 „Die vom Fach“ als auch die betroffene Person haben eine Vermutung, wer diese Unterschrift gefälscht haben könnte, es fehlen jedoch die Beweise. Aus dem Protokoll geht hervor, dass es keine unbekannte Praxis ist, dass Kandidat*innen die Formulare ausfüllen und diese dann auf unterschiedlichem Wege zur Vertrauensperson der Liste gelangen um abgegeben zu werden. Oftmals fehle die Kontrolle, die auch nur schwierig zu gewährleisten sei, so die Vertrauensperson von Liste 1 „Demokratisches Bündnis“ (DeBü). Für die Abgabe der Kandidatur wird das Formular im Original benötigt. Ein Scan, Ausdruck oder Fax reicht nicht aus, da es sich dann nur um eine Kopie eines Originals handelt. Das wird insbesondere dann zum Problem, wenn Studierende im Auslandssemester sind und die Kandidatur per Post innerhalb kurzer Zeit zusenden müssten.

Konsequenzen und weitere Überlegungen

Als direkte Konsequenz wurde die von der Unterschriftfälschung betroffene Person der Liste 1 „Demokratisches Bündnis“ (DeBü) von der Liste gestrichen und steht damit nicht mehr zur Wahl für den Senat. Der Wahlausschuss diskutierte und überlegte Möglichkeiten, wie man Fälschungen bei Kandidaturen zukünftig vermeiden, beziehungsweise besser erkennen könnte.  Denn es wird vermutet, dass die Dunkelziffer recht hoch ist. Beispielsweise könnte eine Lösung darin bestehen, dass nur dann Unterschriften geleistet werden, wenn die Vertrauensperson der Liste anwesend ist. Auch die Abgabe einer Kopie des Personalausweises wäre möglich, wobei hier die Frage des Datenschutzes im Raum steht.

Eine weitere Idee ist es, die Wahlordnung zu ändern: Sobald eine falsche Unterschrift auf der Liste erkannt wird, könnte die komplette Liste nicht zugelassen werden. Dieses Prozedere würde den Druck auf die Listen erhöhen und damit das Risiko einer Unterschriftenfälschung verringern.

Wenn der Name des/der Fälscher*in bekannt werden sollte, wird die Wahlleiter*in diesen an das Justitiariat zur weiteren Veranlassung weitergeben.

Auf Anfrage der Univativ teilte die Staatsanwaltschaft Lüneburg mit, dass bisher kein Sachverhalt dienstlich bekannt sei, aber nun geprüft werde, ob strafrechtliche Ermittlungen aufzunehmen sind.

Insgesamt reiht sich dieser Zwischenfall in eine ganze Reihe von Vorfällen. Letzte Woche berichtete die Univativ, dass der Listenname von Liste 2 nicht zulässig sei. Auch in der Vergangenheit ist es bei den studentischen Wahlen zu Unregelmäßigkeiten gekommen (Univativ berichtete). Vor kurzem entschied das Verwaltungsgericht Lüneburg, dass die akademischen Wahlen im Jahr 2017 hinsichtlich der Gruppe der Wissenschaftlichen Mitarbeitenden für den Fakultätsrat und Senat als ungültig zu erklären sind. (Verwaltungsgericht Lüneburg Az.: 6 A 84/18)


Info-Box: Was ist Urkundenfälschung?

Der §267 StGB Abs. 1 definiert die Urkundenfälschung wie folgt: Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Schon der Versuch, Zeugnisse, Unterschriften oder anderweitige Urkunden zu fälschen, ist strafbar. Die Urkundenfälschung kann mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden. In besonders schweren Fällen, siehe §267 StGB Abs. 3 reicht der Strafrahmen sogar von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.


Quelle: Protokolle des akademischen Wahlausschusses: https://www.leuphana.de/intranet/gremien/hochschulwahlen.html (im Leuphana Intranet via Uni-Netz oder VPN)

Foto: Montage Christopher Bohlens

Hinweis aus Transparenzgründen: Der Autor kandidierte im Vorjahr ebenfalls für den akademischen Senat und trat als Einzelkandidat gegen das „DeBü“ an und wurde nicht gewählt. Darüber hinaus betreibt er die Webseite „rpo-reform.de“.

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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