Weihnachtstraditionen

Fast überall gibt es wohl einen Baum, Geschenke und gutes Essen. Trotzdem ist jedes Weihnachtsfest unterschiedlich. Wir haben unsere Autor*innen gebeten, in kurzen Texten zu zeigen, wie ein typisches Weihnachten bei ihnen aussieht.

So feiert die Oberklasse / (C) flickr – Dianne Lacourciere

Ernst:

Meine Weihnachtstradition ist recht klassisch, denke ich.
Am 24. gibts Würstchen und vor der Bescherung schreien die Kinder rum und hinterher noch lauter.
Am 25. gibts Gans und die Kinder schreien rum.
Am 26. ist nix aber am 27. feiern Großtante und Großonkel Geburtstag, da gibts Käse-Lauchsuppe und die Kinder schreien etwas weniger rum, soll ja wenigstens so aussehen als seien sie gut erzogen.
Aber die Familie mal wiederzusehen finde ich immer schön.

Leonie:

Also am 23. schmücken meine Mama, meine Tante und ich immer den Weihnachtsbaum. Dabei sind zwei Dinge obligatorisch: der Tobsuchtsanfall beim Versuch, die verknotete Licherkette zu entwirren und die Weihnachts-CD „Festplatte“ der Band Die Prinzen. Abends gibt es
Kartoffelsalat und Würstchen nach dem Rezept meiner Uroma und um 23:00 Uhr gehen wir in den Gottesdienst. Besonderes Highlight dabei ist der Kantor, der so laut und falsch Orgel spielt, dass es selbst bei Oh du Fröhliche keiner schafft, mitzusingen. Jedes Jahr. Am 25. ist traditionell das große Fressen mit Braten, Kohl, Knödeln und so weiter. Bis dahin ist eigentlich alles familiär. Am 26. habe ich Geburtstag (Nein, so scheiße ist es gar nicht). Da machen wir meistens einen Brunch mit Familie und Freunden und abends gehe ich weg mit meinen beiden besten Freundinnen.

Antonia:

Meine Familie geht jeden Heiligabend in die Kirche. Nicht weil wir sonderlich christlich sind – man geht zu Jesu Geburt dann ja doch in die Kirche – eher, weil dieser sehr eigene Gottesdienst zu unserem traditionellen Heiligabend gehört, so wie die Weihnachts-Ente und die Geschenke unterm Baum. Man könnte sagen, die Kantorei unserer Gemeinde ist wahrscheinlich die unbesinnlichste auf Erden. Aber sie versucht es dennoch alle Jahre wieder mit viel Herzblut die Kirchengänger zu erfreuen. Ja wir lachen wenigstens, das hat auch etwas mit Freude zu tun:

Denn kein Quempas-Singen (4 Stimmen in vier Kirchenecken) singt so schief und verpasst die Einsätze, dass es einen wenigstens zum Schmunzeln bringt – vom Kirchenchor mal ganz abgesehen. Dann wäre da noch der Organist, Herr Pottast, der es seit unseren Kindertagen nicht schafft, ein weniger schiefes Vorspiel für Gloria in Excelsis Deo zu spielen. Gefühlt war er schon immer alt und zu langsam. Und last but not least – der Posaunenchor, der das letzte Lied im Gottesdienst -ja ihr ahnt es- „Oh du Fröhliche“ inbrünstig aber eher weniger erfolgreich zu begleiten versucht.

Und dann ist da noch dieser unseriöse Moment, der kurz nach Beginn des Gottesdienst kommt, ohne ihn wäre es kein Heiligabend. Das allgemeine „Aaaah“ und „Oooh“ das erklingt, wenn alle Lichter in der Kirche ausgehen und die festliche Lichterkette für die große Tanne in die Steckdose gesteckt wird. Wahrscheinlich der einzige grade Ton, der an diesem Abend erklingt. Missen möchte ich weder diesen, noch die schiefen der Kantorei, denn so sieht Weihnachten seit der Kindheit für mich aus. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

Sophie:

Bei uns läuft es eigentlich jedes Jahr unterschiedlich. Ich bin zwar immer mit meiner Familie zusammen, aber die besteht je nach Ort der Feier mal nur aus Eltern und Schwester, manchmal auch aus Großeltern und Tanten/ Onkels/ Cousins. Mittlerweile ist es schwierig, alle zusammen zu kriegen. Also feiern wir manchmal in Braunschweig, manchmal in Aachen oder in Frankfurt. Essen ist dann auch immer unterschiedlich, bei Oma eher klassisch mit irgendeinem Geflügel und Klößen, gab aber auch schon kleine Tintenfische und Sushi bei meiner Tante. Früher gab’s später dann immer ne Geschenkeorgie, mittlerweile kriegen nur noch die Kinder in der Familie was. Also in einem Satz: ab nachmittags kleinere oder größere Familienzusammenkunft mit Essen, je nach Teilnehmern teilweise typische Weihnachtsstreitereien, Gewusel und Geschenke. Nichts Besonderes eigentlich. Als einzige Konstante lässt sich eigentlich nur feststellen, dass zwischen dem 23. und 26. immer irgendwelche Mitglieder der Familie Godding/Lentzen auf den Autobahnen der Republik rumgurken, um die anderen zu besuchen. Vielleicht auch eine Art “Tradition”. Und Weihnachtsbaum gibt’s auch immer.

Louisa:

Weihnachten, dass war den absoluten Löwenanteil meines Lebens ein Dreischritt.

Mittags auf der Autobahn Richtung Elternhaus meiner Mutter, Richtung Kamin, Kekse und Kirche.

Später Nachmittag dann, wenn das Wetter mitspielte, Ankunft in der beschaulichen sächsischen Kleinstadt, meist schnelles Umziehen und direkt Aufbruch zum Gottesdienst. Dort eigentlich immer Krippenspiel, mit meinen Cousinen in wechselnder Besetzung.

Anschließend weihnachtliches Bockwurstessen in Opas Küche und Bescherung in der „guten Stube“. Bei bulliger Kachelofenhitze kam lange Zeit noch der ECHTE Weihnachtsmann zu Besuch, ein Mann aus der Nachbarschaft, der Geschenke gegen Gedichte, Lieder oder andere musikalische Darbietungen herausgab.

Am Baum funkelte das aufgebügelte Lametta (DDR-Relikt), während der Abend zwischen „O-Tannenbaum“ und Halli Galli-Runden ausklang.

Julian:

Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann.

An klassischen Weihnachtstraditionen mangelt es meiner Familie sehr. Außer Geschenken und einem Baum gibt es wenig, was sich als klassisch weihnachtlich beschreiben ließe. Das Einzige, was jedes Jahr passiert, ist, dass mindestens einmal Weihnachten bei Hoppenstedts von Loriot gesehen werden muss. Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei eh um eins von Loriots Meisterwerken, aber auch um einen schönen Weihnachtfilm. Ein Supergag jagt den anderen, es gibt Sprüche für jede Alltagssituation. Dazu dann noch eine schöne Flasche Rotwein, um das Ganze abzurunden. Aber nicht vergessen: original verkorkt von Pallhuber und Söhne!

Simon:

Wo die eigentlich weit verbreitete Weihnachtstradition ein großes, sich jährlich wiederholendes Abendessen oder ähnliche Festmahl-Aktivitäten vorschreibt, beginnt bei uns ein paar Tage vor Heiligabend immer wieder die selbe Diskussion: Was soll es dieses Jahr zu essen geben? Man muss diese Frage allerdings einschränken, denn nach „altoberpfälzischer Tradition“ (meine Eltern kommen aus dieser Gegend) gibt es gegen 23:00 Uhr an Heiligabend so genannte „Mettenwurscht“, ergo darf das „normale“ Abendessen also nicht zu groß ausfallen. Zur Erklärung: diese spätabendliche Mahlzeit besteht traditionell aus Sauerkraut, Blutwurst, Knackwurst, Wiener Würstchen und Brötchen. Ursprünglich gab es diese Mahlzeit immer nach dem Gottesdienst, der nach der Bescherung besucht wurde. Auch wenn wir seit mehreren Jahren (falls überhaupt) am späten Nachmittag in den Gottesdienst gehen, hat sich diese Tradition bis heute gehalten.

Sonst ist unser Weihnachtsabend relativ unspektakulär: familiär gehalten, mit Bescherung (gegen 20 Uhr), gemütlichem Beisammensein etc….

P.S.: Schlussendlich ist die Entscheidung des diesjährigen Weihnachtsessens auf Raclette gefallen… Nun ja, essensmäßig fällt meine Familie wohl etwas aus der Reihe.

Franziska:

Weihnachten wird bei uns ganz traditionell mit einem – zugegeben jährlich einzigen – Kirchengang eingeläutet. Danach gibt Kaffee und Kuchen, bevor wir „Kinder“ mit einem Glöckchenklingeln zum Tannenbaum und den natürlich reichlich vorhandenen Geschenken gerufen werden. Zu Essen gibt es bei uns eigentlich jedes Jahr Roastbeef und Kartoffeln. Später gehen viele in meiner Heimat in den ranzigsten aber leider einzigen Club weit und breit, um alte Bekannte und Freunde zu treffen. Feierngehen kommt für mich an Weihnachten aber eigentlich nicht in Frage.

Kim:

Seit ein paar Jahren fahren mein Freund und ich mittags am Heiligabend zu McDonald’s. Ursprünglich hatte das ganz praktische Gründe – nämlich, dass auf dem Land (also da, wo ich herkomme) am 24.12. einfach nichts anderes geöffnet hat, wir nun mal Hunger hatten und von unseren Familien kein Essen vor 18 Uhr erwarten durften. Das hat sich dann die letzten drei Jahre wiederholt und ist jetzt zu unserer persönlichen Tradition geworden. Anschließend cruisen wir dann immer noch mit dem Auto über Feldwege (Dorfkids wissen was ich meine) und freuen uns über unseren Milchshake.

Theresa:

Bei uns gibt es im Prinzip fast keine Traditionen mehr, seit nach und nach meine Cousinen gen Australien/Dubai abgewandert und meine Großeltern beide tot sind. Zu essen gibts auch nix spezielles, mein Vater und ich machen meist einmal Rotkohl und Klöße und seit 2 Jahren (also seit wir zusammen sind) bin ich einen Tag bei meinem Freund und seiner Familie. Kirche… na ja, manchmal, wenn meine Mutter gerade beschließt, dass sie „Oh du Fröhliche“ singen will. Einzige feste Sache für mich: Einmal im Jahr meine Kindergartenfreundin Freya treffen, nur so für zwei Stunden schnacken.

Fynn:

Was mich angeht, so ist Weihnachten wirklich schon immer zu 100 % familiär gewesen. Andere Leute haben an diesem Tag einfach keinen Platz! Und auch die Vorbereitungen laufen immer kollektiv in der Familie ab. Wir kaufen immer einen Baum zusammen, schmücken ihn zusammen und dekorieren das Haus zusammen. Beim Baumschmücken kramen wir teilweise noch Ornamente von unseren Urgroßeltern heraus.

Der Tag beginnt in der Regel mit einem langen und reichlichen Frühstück. Dann kommen meine Großeltern normalerweise auch aus Husum so um die Mittagszeit herum zu Besuch. Da ich sehr lange in einem Kirchenchor gesungen habe, besteht auch heute noch die Tradition, nachmittags kollektiv nach Hamburg in die Kirche zu fahren, wobei ich auch heute noch den Gottesdienst als Gast des Chores mitgestalte.

Wenn wir dann wieder zu hause sind, ist unser Traditionsabendessen Raclette. Das bedarf einer langen Vorbereitung und das Essen an sich dauert auch immens lang, was vor allem in meiner Kindheit fast schmerzhaft war, weil ich natürlich an die Geschenke wollte. Während des Essens hören wir normalerweise Weihnachtsmusik: Früher Klassiker von Bing Crosby, heutzutage auch mal die berüchtigte Michael Bublé CD.

Und nach dem Essen gibt es dann die kollektive Bescherung, nach der sich die bestehenden Strukturen ein bisschen auflösen und jeder so ein bisschen macht, was er will.

Wie auch immer ihr Weihnachten feiert: Univativ wünscht euch ein frohes, besinnliches und schönes Weihnachtsfest.