Die Bio-Lüge Lüge – Warum Bio wirklich Sinn macht

Mama gib ma die Bio-Möhrchen / (CC) pixabay - Unsplash
Mama gib ma die Bio-Möhrchen / (CC) pixabay – Unsplash

Immer mehr Produkte mit Bio-Siegel drängen sich in die Regale deutscher Supermärkte, mittlerweile gibt es für fast alles einen biologisch produzierten Ableger – aber macht Bio überhaupt Sinn? Ist Bio nicht bloß eine Masche, um den Kunden mehr Geld aus der Tasche zu ziehen?

Die Antwort auf diese Frage hat viel damit zu tun, woher du kommt, wie du lebst und was auf deinem Teller landet. Kurz, sie sagt eine Menge über dich aus. Die gängigen Meinungen über Bio-Siegel reichen von „immer dieser Bio-Scheiß“, über „das ist doch eh alles Betrug“ und „glaubst du das wirklich?!“ bis hin zu „mir ist egal, was mein Schnitzel zu fressen bekommt“. Dabei scheiden sich die Geister zwischen denen, die einfach wie immer einkaufen, und den anderen – den mysteriösen Anhängern des Biokults.

Nun, man muss ja nicht gleich für Greenpeace Walfänger rammen, aber ein wenig Information tut hin und wieder schon gut, vor allem wenn es ums Essen geht. „Du bist was du isst“, lautet ein wohlbekanntes Sprichwort und darin steckt viel Wahrheit.
Also was genau bedeutet Bio? Alle Produkte, die mit diesem Siegel ausgezeichnet werden, müssen den strengen Auflagen der EU-Verordnung 834/2007 genügen und das Zertifizierungs- und Kontrollverfahren der EU durchlaufen. Landwirte, die ihre Produkte mit dem Bio-Siegel bewerben wollen, dürfen keine Pestizide und synthetischen Düngemittel auf die Felder bringen und müssen auch von gentechnisch veränderten Organismen die Finger lassen, dürfen sie weder in der Produktion, noch in der Saat verwenden. Stattdessen setzen sie lieber auf Grüngürtel, um den natürlichen Fressfeinden ihrer Pflanzenschädlinge ein zu Hause zu bieten, düngen mit Stroh, Mist und Grünpflanzen und setzen beim Saatgut auf natürliche Sorten. Und für alle, die zu einem guten Steak und Frikadellen nicht nein sagen können: das Bio-Siegel garantiert auch eine artgerechtere Haltung der Tiere.

Aber warum sind diese Produktionsstandards so wichtig? Noch vor dem allgegenwärtigen Klimawandel listet die UN den Verlust der Artenvielfalt als das drängendste Problem unseres Planeten auf. Die Artenvielfalt, auch Biodiversität genannt, umfasst Millionen Tierarten, die alle ihren Teil zum Bestehen eines Ökosystems beitragen. Durch menschgemachte Einflüsse verschwinden jedoch täglich mehr Tierarten für immer von unserem Planeten.
Dabei sind die kleinsten Organismen genauso wichtig wie die großen, denn ein Ökosystem lebt und funktioniert nur, wenn alle ihren Teil beitragen können. So braucht ein Wald nicht nur Bäume und Rehe, sondern auch Mikroorganismen, die tote Materie verwerten und so für andere Lebewesen wieder zugänglich machen. Auch im Meer kommt es auf die Kleinen an, denn ohne das winzige Plankton gäbe es nicht einen einzigen Fisch im Ozean. Bei uns an Land spielen Insekten eine wichtige Rolle. Sie bestäuben Blüten, dienen als Nahrung für größere Organismen oder zersetzen tote Materie. Ohne Insekten würde an Land gar nichts funktionieren. Umso dramatischer ist der massive Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Da Bauern Ertragseinbußen befürchten, wenn sie auf Insektizide verzichten, hat sich deren massenhafter Einsatz etabliert – mit drastischen Folgen für die Ökosysteme. Denn Pestizide treffen nicht nur die Schädlinge, oft sind das nur ein bis zwei Arten, sondern auch viele nützliche Insekten, wie Bienen, Schmetterlinge oder harmlose Käfer. In China ist durch den Einsatz von Insektenschutzmitteln mittlerweile die Bestäubung von Obstbäumen per Hand durch menschliche Arbeiter notwendig geworden, da alle anderen Bestäuber ausgerottet wurden. Anstatt dem Menschen zu nutzen, schaden Pestizide also letztlich und wichtige Ökosystemfunktionen können nicht mehr erbracht werden. Doch vernichten diese Stoffe nicht nur Insekten. Unter den giftigsten Chemikalien, dem Dirty-Dozen, also dem schmutzigen Dutzend, welches von der UN schon 2001 vollständig verboten wurde, befinden sich allein 8 Insektizide, darunter auch das gefürchtete DDT. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders lange in der Umwelt verbleiben, hoch giftig sind und über weite Strecken transportiert werden können. Außerdem reichern sie sich in der Nahrungskette an und gelangen so letztlich zum Menschen.

Ein weiteres Problem sind die synthetischen Dünger, welche vor allem Stickstoff und Phosphor enthalten, um Pflanzen schneller wachsen zu lassen. Gleich auf Platz drei der Hit-Liste der globalen Probleme findet sich dementsprechend der Stickstoffkreislauf. Zum Menschen gelangen nur etwa 14% des eingesetzten Stickstoffes. Der Rest wird ausgewaschen und landet in Grundwasser, Flüssen und Seen. Wissenschaftler sprechen hier von Eutrophierung, also einem Überangebot von Nährstoffen. Warum ist das schlecht, kann man sich hier fragen. Die überschüssigen Nährstoffe sorgen zunächst für ein erhöhtes Pflanzenwachstum. Wenn jedoch die Pflanzen genug haben, setzen Algen die Nährstoffe für ihr Wachstum ein. Sterben diese nun ab, werden sie von Mikroorganismen zersetzt, welche dabei Sauerstoff verbrauchen. Leider so viel, dass für Fische und andere Wasserbewohner nicht mehr genügend zum Atmen vorhanden ist. Das Gewässer kippt, sagt man. Letztlich stirbt fast alles Leben und es bleibt ein Algenteppich. Was für Seen und Flüsse gilt, passiert auch im Meer. Zum Beispiel haben sich im Golf von Mexiko Todeszonen ohne Sauerstoff gebildet, die mittlerweile über 14.000 km² groß sind.
Langsam eine Idee, warum Bio Sinn macht?

Was also tun? Wenn du nicht gleich Mitglied einer Umweltorganisation werden willst, hast du eine einfach Möglichkeit zum Schutz und Erhalt der Biodiversität beizutragen. Bio-Produkte – oder solche mit noch strengerem Siegel – leisten durch den Verzicht auf Pestizide einen wertvollen Beitrag zum Erhalt heimischer Tierarten und damit für die Artenvielfalt der Erde. Durch natürliche Düngung werden Gewässer und Meere geschont. Fragt man sich ein bisschen durch, würde fast jeder einen kleinen Betrag für Wale oder Eisbären locker machen, man ist ja schließlich kein Unmensch. Dass du allerdings ebenso viel erreichen kannst, wenn du deinen Einkauf im Bioladen um die Ecke tätigst, ist vielen nicht klar.
Bio-Produkte sind nicht zuletzt auch ein politisches Statement. Du sagst damit den Regierenden in Berlin und Brüssel, dass dir ökologisch einwandfreie Produkte wichtig sind und du gerne mehr davon sehen würdest. Und nicht zuletzt tust du etwas Gutes für dich selbst. Denn Bio-Produkte schmecken besser, da sie mehr Zeit zum Wachsen haben und weniger Wasser enthalten, das benutzt wird, um sie größer erscheinen zu lassen. Wer das nicht glaubt, kann gerne mal Champignons im Bio-Laden und im Supermarkt kaufen. Der Unterschied ist mehr als nur optisch.
Klar, ein paar Sachen aus dem Bio-Markt können auch mal teuer sein. Aber wer nicht jeden Tag Mandelmus, Agavendicksaft und Co. im Einkaufswagen hat, kann gut und gerne mit 30€ pro Einkauf nach Hause gehen, ohne weniger Produkte gekauft zu haben, als im Discounter. Oft sind regionale Produkte wie Möhren, Kartoffeln oder Äpfel sogar billiger. Und selbst wenn du mal etwas mehr bezahlst, weil du nun unbedingt das Walnussöl aus Handpressung haben wolltest – warum solltest du an dir selbst sparen? Genuss und Gesundheit gehören schließlich zu den wertvollsten Gütern, die uns zur Verfügung stehen.

Wenn du also deinen nächsten Einkaufszettel schreibst, tu etwas für dich und deine Umwelt und gib Bio eine Chance.

Autor: Andreas Hußendörfer

Unser Autor schrieb diesen Artikel aus freien Stücken und ohne Einflussnahme Dritter. Er wurde weder von der Ökomafia bedroht, noch geschmiert (auch nicht mit Bio-Olivenöl, aber Freiwillige vor) und erhielt auch keine sonstigen Vergütungen von Bioherstellern.