Bock auf Wahl? Leider nein.

Vom 28.11 bis zum 30.11 wählten die Student*innen ihre Vetreter*innen für Senat und Fakultätsrat. Wir fassen für euch zusammen, was daraus geworden ist und zeigen mögliche Gründe für die geringe Wahlbeteiligung.

Voter Apathy Bearman Cartoon / (C) flickr - Bearman2007
Voter Apathy Bearman Cartoon / (C) flickr – Bearman2007

Was ihr gewählt habt

Was ihr eigentlich gewählt habt, haben wir bereits berichtet.
Für die ganz eiligen Leser*innen nochmal in kurz:
Senat – Das „Who is Who“ der Uni, hier wird entschieden, wie die Uni zu laufen hat.
Siebzehn Sitze, drei für Student*innen. Hier wird z.B. die Rahmenprüfungsordnung entschieden.

Fakultätsrat – Jede der vier Fakultäten hat einen. Der „Fakrat“ beschließt z.B. das Lehrangebot. Einen Sitz für Student*innen pro Fakultät, außer bei der Fakultät Wirtschaft, die hat zwei Sitze.

Was dabei herauskam

Beim Senat sieht es wie folgt aus: Das Demokratische Bündnis (DeBü) bekommt zwei, die dr3i bekommen einen Sitz.
Was die beiden Listen fordern und welche Debatten sie dabei anstoßen werden, könnt ihr im Detail in der Wahlzeitung des Politik-Referates des AStA oder im Interview mit der Landeszeitung nachlesen.
Von den 9372 Wahlberechtigten haben 820 Student*innen ihre Stimme abgeben. Neun davon haben ungültig gewählt. Das macht eine Wahlbeteiligung von 8,7%. Wenn man die Anzahl aller Kandidat*innen abzieht, die sich vermutlich selbst gewählt haben, sind es sogar nur 7,3%. Im Vorjahr hatten wir eine Wahlbeteiligung von 15%, in diesem Jahr hat sich die Beteiligung also fast halbiert.

Warum hatte keine*r Bock?

Die Frage, wieso Wahlbeteiligungen immer weiter schrumpfen, wird die Politikwissenschaft noch viele Jahre beschäftigen. Unabhängig von den Forderungen der Listen versuchen wir es mit zwei Erklärungen:

Die Wahl fand nicht in der Mensa statt.

In den Jahren zuvor wählten die Student*innen in der Mensa. Die Mensa wird viel genutzt, man lief der Wahl also zwangsläufig über den Weg, wenn man seine Currywurst essen wollte. Zudem fiel es den Wahlhelfer*innen leichter, die Unentschlossenen zu einem Gang zur Urne zu mobilisieren.
Dieses Jahr hingegen standen die Wahlurnen im Raum C 12.006. Ein Seminarraum, in dem freitagmorgens um acht die BWLer*innen Externes Rechnungswesen pauken.
Stellt euch vor, bei der Bundespräsidentschaftswahl in Österreich hätte es nur ein Wahlbüro irgendwo in einem kleinen Dorf bei Bregenz gegeben. Vielleicht hätte dann der Hofer gewonnen.
Man könnte jetzt natürlich den Student*innen der Leuphana unterstellen, sie seien faul und zu bequem, um zum Gebäude 12 zu laufen und ein paar Kreuzchen zu setzen. Da wir aber niemanden über einen Kamm scheren wollen, haben wir noch eine weitere Erklärung:

Häh, haben wir nicht letztens erst gewählt?“

Wer das denkt, ist kein Schelm, sondern hat tatsächlich Recht. Im Mai 2016 gab es bereits studentische Wahlen, jedoch für das Studierendenparlament und das Semesterticket!

Der Haken an der Sache: Das StuPa und der Senat sind verschiedene Gremien. Jedes Gremium hat seine eigene Wahl. Seit diesem Jahr werden diese Wahlen getrennt durchgeführt, es werden also im Sommersemester das StuPa und das Semesterticket gewählt und im Wintersemester die akademischen Gremien. Es gibt also zwei Wahlen pro Jahr.
Das liegt am Beschluss des Studierendenparlamentes, die eigene Wahl im Mai abzuhalten. Die Universität hingegen hält weiterhin an ihrem Termin im Herbst/Winter fest. Die Wahl im Mai hat den Vorteil, dass  Erstsemester mehr Zeit bekommen, bevor sie sich zur Wahl im StuPa aufstellen lassen. Die Fristen zur Einreichung von Wahlvorschlägen sind sehr kurz, meist wenige Wochen nach Semesterstart.
Gleichzeitig kann diese Entscheidung aber auch ein großer Einflussfaktor für die niedrige Wahlbeteiligung sein. Ob wir in Zukunft wieder einen Wahltermin haben, hängt also davon ab, wer zuerst seinen Termin (wieder) ändert.

Warum wir Bock haben sollten

Im Jahr 2014 hatten wir noch eine Wahlbeteiligung von rund 30%. Im Folgejahr 15%, jetzt 8%. Wenn der Trend so weitergeht, haben wir in zwei Jahren einen Zustand, in dem die Wahlbeteiligung ungefähr dem Anteil der Kandidat*innen entspricht. (1,7% in diesem Jahr)
Das heißt im Klartext: Die Leute, die (Hochschul-)Politik machen, wählen sich selbst.

„Das ist doch gut, dann wählen nur noch die gut informierten Student*innen!“

Es mag ja vorkommen, dass man vielleicht den oder die Kandidat*in wählt, die man aus dem Pesel kennt. Es mag aber auch vorkommen, dass man sich wenigstens die wichtigsten Forderungen der Listen einmal durchgelesen hat und auf dieser Basis entscheidet.
Wenn nur noch die Engagierten wählen, kann man sich fragen, warum man die Wahl überhaupt noch abhält. Das ist wie dem Publikum eine Frage zu stellen, die man selber beantwortet. Monolog statt Diskussion.

Das ist schade. Denn gerade als Instrument zur Kritik sowie als Spiegelbild des aggregierten Willens der Student*innen der Leuphana sind die Wahlen von hoher Bedeutung.
Zudem bedeutet eine höhere Wahlbeteiligung auch eine höhere Legitimität der gewählten Vertreter*innen. Unsere studentischen Senator*innen würden im Senat ernster genommen werden, weil eine größere Anzahl an Student*innen hinter ihnen steht. Das könnte sich positiv zugunsten der Studis bei anstehenden Verhandlungen auswirken.

Wir könnten natürlich alle Wahlen einfach aussetzen. Wen interessiert es schon, was mit der Rahmenprüfungsordnung passiert oder ob wir beim Lehrangebot mitreden dürfen oder nicht. Aber wenn auf einmal die Abmeldefrist vor den Prüfungsterminen ganz abgeschafft oder eine Anwesenheitspflicht eingeführt wird, dann haben wir den Salat. Dann will auf einmal wieder jede*r mitreden. Wobei, wahrscheinlich nicht. Das bringt schließlich keine CPs.

Autor: Jan Gooß

Hinweis: Gegen das Wahlergebnis kann bis zum 13. Dezember schriftlicher Widerspruch eingereicht werden. Wir werden das endgültige Wahlergebnis dann hier verlinken.

Jan Gooß

Hat an der Leuphana Politikwissenschaft studiert und will nicht die Welt retten. Sowas soll's ja auch geben.

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